Die Singularität Des Jetzt
07.06. – 31.08.2018
Mo–Fr 10 –18 Uhr
Siller Contemporary Längengrad 10 | Interpol +-
Fotografien von Gerd George und Thomas Spring
Kuratiert von Kristina von Bülow
Das Jetzt ist eine laufende Verkettung von singulären Breaking Points: In keiner anderen Zeit sind die Dinge wirklich beeinflussbar – nicht in der Vergangenheit, nicht in der Zukunft. Als sich ständig erneuernder Breaking Point ist das Jetzt eine fließende Abfolge des einzigen Zeitpunkts, zu dem wir tatsächlich etwas bewegen können, weil nur das Jetzt realen Handlungsspielraum eröffnet.
Die Singularität des Jetzt stellt zwei Sichtweisen auf diesen besonderen Zeitpunkt einander gegenüber: als Fraktal der grenzenlosen Ewigkeit und als Punkt auf dem Vektor der Zeit. Bei Gerd George zeigt sich das Jetzt als zentrierte Kontemplation und meditativer Ruhepunkt, während es bei Thomas Spring in vektoraler Dynamik und berauschender Bewegung formuliert wird. Das Jetzt taucht aus der Zukunft auf und ist sofort zur Vergangenheit verronnen. Es gilt, diesen Moment auf keinen Fall zu verpassen.
Gerd Georges Fotografien aus der Serie Mare sind monolithische Meeresoberflächen, die sich über einen fließenden Horizont mit dem Himmel verbinden. Unendlicher Raum, losgelöst von der Zeit, in dem das Jetzt sich ins Endlose auszudehnen scheint, aber doch vollkommen bei sich bleibt als Mittelpunkt und Umschlagstelle zwischen Vergangenheit und Zukunft. Selbst die ewige Unveränderlichkeit des zeitlosen Meeres ist niemals gleich, verändert sich ständig und ist immer im Fluss. Der einzigartige, singuläre Moment der Aufnahme ist ein winziger zeitlicher Ausschnitt aus der räumlichen Unendlichkeit. Es sind Bilder ohne Anfang und Ende, die von Vergangenheit und Zukunft im Präsens erzählen.
Thomas Springs Sicht auf das Jetzt bildet sich vektoral ab. Seine Fotografien aus der Serie Delirious Landscapes sind unwiederbringliche Punkte auf der Linie zwischen Vergangenheit und Zukunft, auf der horizontalen Achse durch einen Raum. Das Jetzt als zufälliger Extrakt aus der Zeit, aus der Bewegung heraus destilliert und für die Zukunft konserviert. Als wären es Gemälde und keine Fotografien, lösen sich Formen und Farben in der Dynamik ineinander auf. Aber immer bleibt ein zufälliger, fraktal kleiner Punkt in der Tiefe des Bildes fokussiert, wodurch sich der übrige Bildraum noch einmal mehr zu bewegen scheint. Ganz wie das singuläre Jetzt als Fokuspunkt auf der Linie der verschwimmenden Zeit.